Interview mit Claude Klein

Persönliche Standpunkte
und kulturelle Unterschiede

In regelmäßigen Abständen veröffentlichen wir an dieser Stelle Abschriften von Gesprächen mit dem Coach Claude Klein.

Das aktuelle Interview wurde vergangenen Herbst in der Hansaallee aufgezeichnet. Das Gespräch führte Jochen Lindenfeld

F?

Bei Ihren Ausführungen trifft man immer wieder auf den Begriff der interkulturellen Identität. Was verstehen Sie darunter?

A.

Für mich ist das die gelernte Kultur, die geprägt ist von Erziehung und Religion. Aber auch von Regeln und dem Verhalten eines sozialen Umfelds - in einem Land oder einer Interessensgruppe.

F?

Aus welchen Kulturkreisen und Nationen beziehen Sie Ihre Erfahrungen?

A.

Zunächst aus der Sicht des Franzosen mitten unter deutschen Lehrern und Mitschülern - das hat mich früh geprägt. Später im Vertrieb und Marketing sehr schnell die gleichen Kulturkreise, mit denen ich es heute als Coach und Trainer zu tun habe: Der asiatische Raum, Lateinamerika, Süd- und Osteuropa.

F?

Sind die Mechanismen in einem globalisierten und westlich geprägten Wirtschaftsraum nicht doch überall die gleichen?

A.

Nach meiner Erfahrung passen sich Viele den westlich geprägten Kulturen an und verstehen ihre Regeln und Werte. Doch sobald sie sich ausschließlich im Kreise ihrer Landsleute befinden, verstärkt sich wieder ihre gelernte Kultur in Einstellung und Verhalten. Ein spannender Wechsel.

F?

Sie beschreiben diese Phänomene auch in Ihren Trainings – wie ist dann das Feedback von Vertretern aus den genannten Nationen?

A.

Das kommt sehr darauf an, ob sie für ein westliches Unternehmen arbeiten oder nicht. Oft spielt auch schon die Kultur des Vorgesetzten eine wichtige Rolle. Beides beeinflußt ihre Reaktionen erkennbar.

F?

Wie sieht Ihre eigene kulturelle Prägung aus – wie sehr deutsch sind sie, wie sehr französisch?

A.

Diese Frage bekomme ich immer wieder gestellt. Und ich stelle fest, daß ich mich nicht nur aus der deutschen oder der französischen Kultur bediene, sondern mir auch ganz andere kulturelle Eigenheiten herausnehme, die für meine Arbeit nützlich sind - oder mir persönlich mehr Lebensqualität bieten.

F?

Fällt Ihnen ein erlebtes Beispiel für kulturelle Differenzen unter Ihren Coaching-Teilnehmern ein?

A.

In Coaching-Gesprächen mit Managern aus Asien ist die Feedbackkultur eine ganz andere als zum Beispiel bei seinen eigenen Kollegen aus Lateinamerika. Feedback und Reflektion sind beim Asiaten indirekt, beim Lateinamerikaner eher direkt.

F?

Was ist die einfachste Regel, mit der sich kulturelle Konflikte vermeiden lassen?

A.

Eine neue, weil gemeinsame Kultur der Zusammenarbeit implementieren,  um dann herauszufinden, welche Gemeinsamkeiten schon immer da waren.

F?

Was sind die typischen Situationen, in denen Kunden zu Ihnen kommen?

A.

Häufig sind es Führungskräfte, die eine neue Aufgabe in einer für sie fremden Kultur übernehmen. Oder die in einer Matrixorganisation virtuelle Teams aus unterschiedlichen Kulturen führen müssen. Aber auch Manager, die beim Aufbau von Neugeschäft ihre Kunden, Lieferanten und Teams aus unterschiedlichen Kulturen betreuen und steuern müssen.

F?

Welche davon ist Ihnen die liebste?

A.

Hier mache ich keine Unterschiede.

F?

Ihr gewählter Mittelpunkt ist Frankfurt – wie viel Dorf sehen Sie in dieser Stadt, und wie viel Metropole?

A.

Die vielen unterschiedlichen Kulturen in Frankfurt, der internationale Flughafen, die EZB - all das vermittelt immer mehr ein Flair von Metropole. Aber noch bleibt die Größe der Stadt sehr überschaubar.

F?

In einem Satz – was ist nach dem Coaching für Ihren Kunden neu?

A.

Die erweiterte Selbstreflexion - beispielsweise über den eigenen Werdegang: Wieviel Karriere möchte ich tatsächlich? Oder den eigenen Führungsstil, auch im internationalen Kontext.

F?

Was machen Sie in drei bis fünf Jahren anders als heute?

A.

Meine Ausrichtung auf Unternehmensentwicklung wird stärker sein, als sie heute schon ist.